1. Teil: Einführung


Allgemeines

Estnisch bildet mit Finnisch und Ungarisch die Sprachfamilie der
finno-ugrischen Sprachen, die wiederum Teil der uralischen
Sprachen ist.
Tatsächlich haben Finnisch und Estnisch viele Gemeinsamkeiten,
möglicherweise vergleichbar mit Holländisch und Deutsch.
Oft verstehen die Esten ein wenig Finnisch - umgekehrt eher weniger.
Die Ungarn allerdings finden es schon fast lächerlich, wenn ihre
Sprache mit Estnisch oder Finnisch verglichen wird. In der Tat lassen
sich so gut wie keine Parallelen erkennen. Mir wurde jedoch berichtet,
dass zumindest Klang und Tempi zwischen Estnisch und Ungarisch
ziemlich identisch sein sollen. So vermochte einer Erzählung nach einst ein
Ausländer die estnische und ungarische Sprache nicht zu unterscheiden.

Schon gesehen?
In der rechten Spalte finden Sie Themendirektwahlen
und Links zu nützlichen Online-Wörterbüchern ---------------------->


Auf jeden Fall sollte man von der weitverbreiteten Annahme Abstand
nehmen, Estnisch wäre der lettischen oder litauischen Sprache oder
gar der russischen ähnlich.
Lettisch und Litauisch bilden eine eigene Sprachfamilie und sind sich
sehr ähnlich (Litauisch ist dabei etwas älter), Russisch ist wiederum
eine slawische Sprache, also eine völlig andere Familie als finno-ugrisch.
Innerhalb des Baltikums ist also zwischen Lettland und Estland nicht
nur eine kulturelle, sondern auch eine scharfe sprachliche Grenze zu
ziehen!
Viele Esten haben Deutsch in der Schule gelernt. Deutsch hat - vor
allem in der Hansezeit - mit die estnische Sprache beeinflusst. Dies
kann man schnell an fast identischen Wörtern sehen wie:

Ball = pall
Bank = pank
Apotheke = apteek
Theater = teater
(mehr zu den Substantiven: 7. Teil)


Kurzes zum Alphabet / Aussprache (mehr: 2. Teil)

Selbst im kleinen Estland gibt es unterschiedliche Aussprachen und
Dialekte; vor allem im Südosten Estlands wie in der Stadt Võru, in
der viele Wörter anders gesprochen und auch anders geschrieben werden.
Zusätzlich gibt es in der Region südlich von Võru noch ein ziemlich
"eigenes Estnisch", das Seto.
Auch auf den im Westen gelegenen Inseln Hiiumaa und Saaremaa hört sich
Estnisch ein wenig anders an bzw. gibt es Wörter, die sich grundlegend
von der eigentlichen estnischen Sprache unterscheiden. Um ein Beispiel
zu nennen wird auf Saaremaa der interessante Buchstabe "Õ" einfach als
das uns bekanntes "Ö" ausgesprochen.

Õ ist ein uns fremder Buchstabe. Viele Esten wissen, dass er vor allem für
Deutsche schwer auszusprechen ist. Ich höre ihn als eine Mischung aus
O und Ü; man kann ihn aber auch anders interpretieren.
Über Ursprung, Geschichte und Spekulationen des Buchstaben Õ können
Sie sich im 9. Teil informieren.

Grundsätzlich spricht man Estnisch in etwa so, wie man es liest; die
Buchstaben sind uns Deutschen vertraut. Liest man so einem Esten jedoch
etwas in seiner Sprache vor, wird er es nur schwer verstehen, weil viele
Unterschiede im Detail liegen und auch die Längen von Silben und Konso-
nanten richtig ausgesprochen und betont werden müssen.
Das Thema "Aussprache" ist sehr wichtig und wird im nachfolgenden
Kapitel ausführlich behandelt.

Das estnische Alphabet (s. 2. Teil) ist einfach, da es fast unserem ent-
spricht, nur eben mit dem zusätzlichen Buchstaben Õ.
Die Buchstaben C und W-Z existieren in der estnischen Sprache nicht
(aus Z wird einfach TS, X wird KS gesprochen und geschrieben) und
werden nur in Fremdwörtern verwendet; .
Insgesamt ist auch die Rechtschreibung einfach, weil so geschrieben wie
gesprochen wird.


Grammatik

Das Lernen der estnischen Sprache erscheint angesichts deutscher Para-
llelen in vielen Wörtern, der unkomplizierten Rechtschreibung, fehlender
Artikel und vertrauter Buchstaben und Aussprache leicht zu sein.
Berücksichtigt man die 14 Deklinationen und die Veränderlichkeit von
Substantiven in den ersten 3 Fällen und in der Mehrzahl, glaubt man, die
estnische Sprache niemals korrekt erlernen zu können.
Es genügt im Estnischen leider nicht, ein Hauptwort zu lernen; man muss
zu jedem einzelnen sämtliche Varianten kennen, um es in einen Satz
korrekt einbauen zu können.
Hier ein Beispiel zum Wort "Stunde":

Grundwort Stunde = tund
Stunden = tunnid
5 Stunden = 5 tundi
viele Stunden = palju tunde
in einer halben Stunde = poole tunni pärast


Eine kurze Übersicht auf die 14 estnischen Fälle:
(mehr: 5. Teil)

1. Fall = keine / kes (wer)? - mina (ich)
2. Fall = keine / kelle (wessen)? - minu (mein)
3. Fall = -t, -d/ keda (wen)? - mind (mich)
4. Fall = -sse / kellesse (in wen)? - sinusse (in dich)
5. Fall = -s / kelles (in wem)? - sinus (in dir)
6. Fall = -st / kellest (aus wem)? - sinust (aus dir)
7. Fall = -le / kellele (wem/f.wen)? - sinule (dir/für dich)
8. Fall = -l / kellel (bei wem)? - minul (bei mir)
9. Fall = -lt / kellelt (von wem)? - minult (von mir)
10.Fall = -ks / kelleks (zu wem)? - isaks (zum Vater)
11.Fall = -ni / kelleni (bis zu wem)? - minuni (bis zu mir)
12.Fall = -na / kellena (als wer)? - inimesena (als Mensch)
13.Fall = -ta / kelleta (ohne wen)? - lapseta (ohne Kind)
14.Fall = -ga / kellega (mit wem)? - minuga (mit mir)

Um niemanden völlig zu entmutigen sei gesagt, dass kein Este von
einem Ausländer ein korrektes Estnisch verlangen bzw. überhaupt
erwarten würde!
Grammatikalische Fehler werden gerne verziehen, und im Grunde
wird Sie selbst dann jeder verstehen und wissen, was Sie möchten,
wenn sie alle Wörter im Nominativ, also in der ungebeugten Grund-
form, aneinanderreihen!


Empfehlungen

Wer also Estnisch lernen will, braucht viel Geduld, Ausdauer und ein gutes
Lernprogramm. Wirklich empfehlenswert ist die vorbildlich aufgebaute
Lern-CD von

"Kauderwelsch Band 55, Estnisch Wort für Wort",

da dort die Grundlagen sehr gut und verständlich erklärt werden.

Überhaupt nicht zu empfehlen dagegen ist die CD-ROM bzw. der Down-
loadlink von "Online Media World". Dies ist ein Lernprogramm, das sich
im Browser öffnen lässt und viele Flüchtigkeitsfehler enthält.
Dort wird aus einem Fernseher schon mal ein Fenster und aus 14.45
dreiviertel vier in estnischer Übersetzung. Das Gesamtkonzept ist zwar
nicht schlecht, aber die Übungsdialoge beinhalten komplizierte gramma-
tikalische Beugungen, die weder vorher erklärt wurden noch für den
Laien verständlich sein können. Das führt schnell zur Entmutigung.

Wer nicht gleich die gesamte Sprache lernen, aber die wichtigsten
Wörter und Redewendungen für seine Estlandtour beherrschen
möchte, ist hier genau richtig aufgehoben.
(Darin fast bis ganz nach unten scrollen, auf die kleine einge-
zwängte deutsche Fahne klicken, in der nächsten Seite bei 1.
"deutsch" wählen, bei 2. "Eesti Estonian".
Sollten Sie sich die Sprachproben auf Estnisch anhören, berück-
sichtigen Sie bitte, dass diese nicht von einem Esten gesprochen
wurden! Trotzdessen ist die Aussprache richtig.)



Anmerkung

Wer sich die Mühe macht, sein erlerntes Estnisch während seines
Urlaubes in Estland anzuwenden, sollte keine Freudenluftsprünge
von seinem Gegenüber erwarten. Die Esten gelten als verschlossen,
härtere Bezeichnungen aus Reisemagazinen lauten sogar
"emotionslos". Sicherlich werden sie anerkennen, dass Sie sich die
Mühe machen, auf estnisch zu grüßen und zu danken, aber sie
werden es selten zeigen. Esten nehmen es einfach so hin, wie es
eben ist.
Also nehmen Sie es nicht persönlich, wenn nicht so freudig über-
rascht oder dankbar reagiert wird, wie Sie es vielleicht erwartet haben.



2. Teil: Aussprache

Manche Leute sagen, Estnisch wäre eine "singende Sprache".
Warum? Mal schauen, ob wir es bis zum Schluss dieses Kapitels
ergründen können.

Wie schon erwähnt, werden estnische Buchstaben in etwa wie
deutsche gesprochen. Wenn Sie nun wichtige Wörter lernen,
um sie in Estland anwenden zu können, werden Sie möglicher-
weise auch verstanden - je nach Phantasie, Übung und Talent
Ihres Gegenübers. Esten, die keine Fremdsprache gelernt haben,
können allerdings auch sehr unflexibel auf Ihre Aussprache rea-
gieren, was bedeutet, sie verstehen überhaupt nichts von dem,
was Sie so mühevoll gelernt haben.


Das estnische Alphabet

A B D E F G H I J K L M N O P R S T U V Õ Ä Ö Ü

Die estnische Sprache kommt mit relativ wenigen Buchstaben aus.
Aus X wird im Estnischen ein KS, aus Z ein TS, so dass diese Buch-
staben im estnischen Alphabet keine Rolle spielen; das uns gewohnte
Alphabet endet hier also bei "V".
Die drei uns vertrauten Umlaute Ä, Ö und Ü sind im estnischen Alpha-
bet im Gegensatz zu unserem richtige Buchstaben.
Das "Õ" ist ein sehr eigener estnischer Buchstabe und so interessant,
dass er in einem speziellen Kapitel (Kapitel 9) behandelt wird.
Da es im Estnischen keine CH- oder SCH-Laute gibt, findet man bei
manchen Fremdwörtern den Š-Buchstaben; er ist aber recht selten
(z. B. šokolaad, šokk).

Hinweis: Forscht man in Suchmaschinen nach dem estnischen Alphabet,
findet man verschiedene Varianten bei der Auflistung; von meiner o. a.
Möglichkeit (dieses beschränkt sich auf die rein estnischen Buchstaben)
bis zur Auflistung aller möglichen Buchstaben, die in der estnischen
Sprache (inkl. Fremdwörter) vorkommen können - bis zu 32!



Die Aussprache der Buchstaben

Obgleich uns die estnischen Buchstaben in ihrer Aussprache
vertraut sind, sollte man wissen, dass auch diese nicht ganz
genau wie unsere deutschen Buchstaben ausgesprochen werden.
So klingt das T für unsere Ohren so manches Mal wie ein D, da
es im Estnischen sehr weich ausgesprochen wird.
In manchen Wörtern klingt das A schon fast wie ein O wie
"kahju" (= schade) oder "kaheksa" (= acht)
Ich stelle die Buchstaben in ihren leichten Abwandlungen vor;
zu beachten ist jedoch, dass die Buchstaben nicht bei jedem Wort
genau gleich ausgesprochen werden.

A........ etwas zum O
E........ oft stark zum Ä
Ä/ÄÄ... bei diesem Wort geht der Mund eines Esten etwas weiter auf
............als bei unserem Ä, es geht hier mehr in Richtung unseres
............Buchstabens A
ÖÖ......oft hört es sich an wie das U beim engl. Wort "hurt"
ÜÜ.......ein kleines bisschen in Richtung "i"
R........ ist wie das bayerische R gerollt
V.........wird wie ein W gesprochen

K, P und T..werden am Wortanfang weich ausgesprochen (also fast wie
G, B und D)


Die Betonung

Grundsätzlich - und das ist für Ausländer daher auch sehr ein-
fach - wird die erste Silbe eines Wortes betont; Ausnahmen bil-
den oft lediglich ausländische Wörter (z. B. Ameerika).
Bei zusammengesetzten Hauptwörtern, werden beide Wörter
in der ersten Silbe betont, beim zweiten Wort allerdings nicht
ganz so stark.

Beispiel: Holzhaus - puumaja (Holz - puu, Haus - maja)

Bei zusammengesetzten Wörtern, die eben durch diese Zusam-
mensetzung einen anderen Sinn ergeben, wird nur die erste
Silbe betont.

Beispiel: gutstellen (darauf bedacht sein, bei jemandem nicht
..............................negativ aufzufallen)
.............gut stellen (einen Gegenstand vernünftig plazieren)

Ob die Reformierung der deutschen Rechtschreibung diese
sinnvolle Unterscheidung aufgehoben hat, weiß ich leider nicht.
In der estnischen Rechtschreibung gibt es sie jedenfalls zum
Glück noch.



Doppelvokale

Während es im Deutschen verschiedene Möglichkeiten gibt,
einen Vokal als lang zu kennzeichnen (z. B. malen, Mahl, Paar),
ist es im Estnischen viel einfacher: Soll ein Vokal kurz gespro-
chen werden, wird er eben nur einfach geschrieben
(z. B. sama = gleich), soll er lang gesprochen werden, wird
doppelt geschrieben (z. B. saama = bekommen)


Doppelkonsonanten

Bei Doppelkonsonanten gibt es einen entscheidenden Unter-
schied zur deutschen Aussprache: Während im Deutschen
ein Doppelkonsonant darauf hinweist, wie kurz der Vokal davor
ausgesprochen wird, muss der Doppelkonsonant im Estnischen
tatsächlich auch lang gesprochen werden.
=> Beispiel: hallitus - Schimmel
Das Doppel-M bei "Schimmel" weist darauf hin, dass das "i"
davor kurz ausgesprochen wird, im estnischen Wort "hallitus"
hat das Doppel-L keinerlei Auswirkung auf das "A" davor; es
wird sowieso kurz ausgesprochen, weil ja nur einfach vorhanden.
Dafür wird das Doppel-L in der Praxis tatsächlich in doppelter
Länge ausgesprochen. Für Deutsche ist es sehr ungewohnt,
beim Lesen und Reden stets darauf zu achten.



Die 3 "Dauern" (3 väldet)

Nicht nur der einfache oder doppelte Konsonant oder Vokal be-
stimmt, wie lang man diesen ausspricht. Zusätzlich gibt es drei ver-
schiedene Längen, die wichtig, manchmal gar entscheidend für den
Kontext sind.
In der ersten werden die einzelnen Buchstaben mit kurzer Dauer ge-
sprochen, die zweite Dauer geht schon etwas länger, die dritte noch
länger bis beliebig lang.
Hier noch einige Erklärungen und Beispiele:


1. Dauer (kurz)

Die 1. Dauer findet man in Worten ohne Doppelkonsonant oder -vokal,
sofern sich keiner der "harten" Buchstaben T, P oder K darin befindet,
z. B. segama (stören/mischen), lina (Laken), padi (Kissen).
Alle Vokale werden gleichkurz gesprochen.
Hinweis: Da im Estnischen fast immer die erste Silbe in einem Wort be-
tont wird, würden wir Deutschen dazu neigen, diese auch länger
auszusprechen. In der 1. Dauer wäre es aber falsch, so dass wir
uns umstellen und darauf achten müssen, alle Silben wirklich
gleichlang auszusprechen. Dies ist sehr wichtig, weil es sonst zu
Missverständnissen führen kann!
=> So kann "padi" (Kissen) zu einem "paadi" (Boot; gebeugt) werden,
da letzeres in 2. Dauer, also länger gesprochen wird.



2. Dauer (mittel)

Wie schon erwähnt werden Wörter mit den "harten" Buchstaben T, P und
K sowie Wörter mit Doppelkonsonanten oder -vokalen immer mindestens
in der 2. Dauer gesprochen (einsilbige Wörter sind in diesen Fällen immer
dritter Dauer).
Allerdings ist zu beachten, dass diese Wörter auch in der 3. Dauer ge-
sprochen werden können, was wiederum vom Kontext abhängt.

=> Beispiel: Das Wort linn (= Stadt) ist von 3. Dauer, da es einsilbig ist.
Wird es in einem bestimmten Kontext gebeugt, muss das Doppel-N in
zweiter Dauer ausgesprochen werden.
Hier sehen sie verschiedenen Möglichkeiten:

2. Dauer:
Ich bin in der Nähe der Stadt - ma olen linna läheduses
Ich bin in der Stadt - ma olen linnas

3. Dauer:
Stadt - linn

Ich gehe in die Stadt - ma lähen linna



3. Dauer (lang)

Einsilbige Wörter werden immer in dritter Dauer ausgesprochen.
Wie schon erwähnt muss bei Wörtern mit Doppelvokalen und -konsonanten
zwischen 2. und 3. Dauer unterschieden werden, was wiederum vom Kon-
text abhängt. Dies ist sehr wichtig, da ein Wort zwei verschiedene Bedeu-
tungen haben kann; unterschieden werden können diese Wörter eben nur
anhand der Aussprache.

Beispiel: saada - das Doppel-A in 2. Dauer ausgesprochen bedeutet "sende",
lang, also in 3. Dauer, heißt es "bekommen"
--------> Saada mulle kiri (sende mir den Brief) = 2. Dauer
--------> Ma tahan kirja saada (ich möchte den Brief erhalten) = 3. Dauer

Anderes Beispiel:
--------> Taevas (der Himmel) = 2. Dauer des "AE" (als eine Silbe gesprochen)
--------> Taevas (im Himmel) = 3. Dauer

Sprechen Sie "AE" also zu lang oder zu kurz, kann ein völlig anderer Sinn
entstehen!
Natürlich ist es für den Ausländer sehr schwer, die richtige Länge zu treffen,
aber nicht unmöglich. Da die Schwierigkeiten vor allem in der 2. Länge ent-
stehen, sei hier als Hilfestellung darauf hingewiesen, dass in einem zweisil-
brigen Wort wie der schon genannte "Himmel" (Taevas) beide Silben exakt
gleichlang ausgesprochen werden.



Palatalisierungen

Auch diese sind in der estnischen Sprache wichtig und auch oft entschei-
dend, für uns Deutsche aber unheimlich schwer auszusprechen und an
den richtigen Stellen zu berücksichtigen.
In der Estnischen Aussprache gibt es neben den gewöhnlichen (tavalised)
Buchstaben "L", "N" und "S" dieselbigen in Palatalisierungen.
Dabei muss der Zungenrücken nach oben in Richtung Gaumen gehen.
Während das palatalisierte L genau wie das deutsche L ausgesprochen
wird, klingt es bei den Buchstaben N und S etwa so, als stünde unmittelbar
vor diesen jeweils ein "j" oder ein "i".
Beispiele für Wörter mit palatalisierten Buchstaben:
  • polt - Bolzen
  • kallis - teuer, Schatz
  • tund - Stunde
  • vann - Wanne
  • vastik - eklig
  • kass - Katze

Die Mehrheit der estnischen Wörter besteht aus nichtpalatalisierten
Buchstaben wie zum Beispiel:
  • pool - halb
  • alles - vorhin
  • onu - Onkel
  • konn - Frosch
  • rasvane - fett
  • kassa - Kasse

Ob und welche Wörter palatalisiert werden, muss auswendig gelernt
werden; es gibt leider keine Regeln dafür.
Die Wichtigkeit dieser Unterscheidung lässt sich an Wörtern mit dop-
pelten Bedeutungen erkennen, die nur anhand einer Palatalisierung
unterschieden werden können, wie zum Beispiel:
  • palk (L palatalisiert) = Holzbalken
  • palk (L nichtpalatalisiert) = Gehalt



Persönliche Ansicht

Estnisch empfinde ich als eine sehr effektive Sprache, da die Sätze mit
wenigen Wörtern und die Wörter mit wenigen Buchstaben auskom-
men. Ein Satz wie "das glaube ich nicht" wird im Estnischen mit einem
schnellen "ei usu" übersetzt.
Die Folge davon ist jedoch, dass diese Sprache auf die erwähnten Längen
und Palatalisierungen angewiesen ist, um die recht kurzen Wörter der
estnischen Sprache besser unterscheiden zu können.
Neben der Grammatik mit 14 Deklinationen sind genau das die Schwie-
rigkeiten, mit denen Ausländer, die Estnisch sprechen wollen, zu kämpfen
haben.
Wer also in seinem Estnisch von einem Esten nicht verstanden wird, ob-
wohl er von sich selbst den Eindruck einer verständlichen Aussprache
hat, sollte überlegen, ob die Längen und Palatalisierungen alle richtig wa-
ren.
Zudem erleben Esten sehr selten, dass sie von einem Ausländer auf
Estnisch angesprochen werden, was natürlich zu einer gewissen "Unflexi-
bilität" beim Verstehen führt, weil sie diese Sprache einfach nur von ihren
Landsleuten gewöhnt sind.
Das soll allerdings nicht entmutigen, denn es gibt zahlreiche deutsch-
sprachige Esten im Lande, die wissen, wie ein Deutscher die Buchstaben
ausspricht und sich ganz gut darauf einstellen können, diese in ihrer
Landessprache zu hören. Da sie wissen, dass ein Deutscher ganz sicher
noch nie etwas von estnischen Palatalisierungen und Längen gehört hat,
stellen sie sich automatisch (mehr oder weniger) auch darauf ein.

Wer Estnisch professionell lernen möchte, muss in seinen Unterricht
also auch Hör- und Sprechproben einbauen, idealerweise natürlich mit
einem Esten als Lehrer (= õpetaja).
Hier finden Sie Schulen in Deutschland, in denen Sie Estnisch lernen
können.
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.

3. Teil: Wörter und Redewendungen

Sollten Sie diese Wörter in Estland anwenden wollen, empfiehlt es
sich, vorerst den 2. Teil zu lesen, um sich keine falsche Aussprache
im Kopf einzuprägen!


Die wichtigsten Wörter und Redewendungen
  • hallo - tere
  • guten Morgen - tere hommikust
  • guten Tag - tere päevast
  • guten Abend - tere õhtust
  • auf Wiedersehen - nägemiseni (oft verkürzt: nägemist)
  • oder - head aega
  • gute Nacht - head ööd
  • danke - tänan
  • danke sehr - tänan väga
  • vielen Dank - palju tänu
  • großen Dank - suur tänu
  • bitte - palun
  • wo ist die ... Toilette? - kus on ... tualett?
  • mein Name ist... ! - minu nimi on... !
  • Flughafen - lennujaam
  • Busbahnhof - bussijaam
  • Eisenbahnhof - rongijaam (oder: raudteejaam)
  • Haltestelle - peatus
  • Stadt - linn (Dorf - küla)
  • Innenstadt - kesklinn
  • Altstadt - vanalinn
  • Bank (Geldinstitut) - pank
  • (Bar-) Geld - (sula-) raha
  • Taxi - takso
  • ich möchte mit dem Taxi in die Stadt fahren - ma tahan linna sõita taksoga
  • ich möchte (in bar) zahlen - ma soovin (sularahas) maksta
  • wieviel kostet das? - kui palju see maksab?
  • wie spät ist es? - mis kell on? (Uhrzeiten siehe Teil 4)


4. Teil: Zahlen und Uhrzeiten


Zahlen


Nominativ



  • 1 - üks
  • 2 - kaks
  • 3 - kolm
  • 4 - neli
  • 5 - viis
  • 6 - kuus
  • 7 - seitse
  • 8 - kaheksa
  • 9 - üheksa
  • 10 - kümme
  • 11 - üksteist
  • 12 - kaksteist
  • 13 - kolmteist
  • 14 - neliteist
  • 15 - viisteist
  • 16 - kuusteist
  • 17 - seitseteist
  • 18 - kaheksateist
  • 19 - üheksateist
  • 20 - kakskümmend*
  • 21 - kakskümmend üks*
  • 22 - kakskümmend kaks*
  • usw.
  • 100 - sada
  • 101 - sada üks
  • 200 - kakssada
  • 300 - kolmsada
  • 1000 - tuhat
  • 1001 - tuhat üks
  • 2000 - kaks tuhat
  • Million - miljon


*In der Umgangssprache wird oft vom "kümmend" das "ümme" weg-
gelassen, so dass nur noch die hässlich verstümmelte Variante "knd"
übrigbleibt. So wird aus der 21, also kakskümmend üks, ein kurzes
"kakskndüks", aus 30 (kolmkümmend) wird "kolmknd".
In einem offiziellen oder bedeutenden Gespräch sollte man von solchen
Abkürzungen keinen Gebrauch machen, da es so mancher Este nicht
besonders "ästhethisch" findet!



Genitiv
  • 1 - ühe
  • 2 - kahe
  • 3 - kolme (2. Dauer)
  • 4 - nelja
  • 5 - viie
  • 6 - kuue
  • 7 - seitsme
  • 8 - kaheksa
  • 9 - üheksa
  • 10 - kümne
  • 11 - üheteistkümne
  • 12 - kaheteistkümne
  • 20 - kahekümne
  • 30 - kolmekümne
  • 100 - saja
  • 200 - kahesaja
  • 1000 - tuhande
  • 1001 - tuhande ühe
  • Million - miljoni


Partitiv
  • 1 - üht/-e
  • 2 - kaht/-e
  • 3 - kolme (3. Dauer)
  • 4 - nelja (- " -)
  • 5 - viit
  • 6 - kuut
  • 7 - seitset
  • 8 - kaheksat
  • 9 - üheksat
  • 10 - kümmet
  • 11 - üht(e)teistkümmet
  • 12 - kaht(e)teistkümmet
  • 13 - kolmeteistkümmet
  • 20 - kaht(e)kümmet
  • 30 - kolmekümmet
  • 100 - sadat
  • 200 - kaht(e)sadat
  • 1000 - tuhandet
  • 1001 - tuhande ühte
  • Million - miljonit
  • 2 Mill. - kaht(e) miljonit


Järgarvud
  • 1. - esimene
  • 2. - teine
  • 3. - kolmas
  • 4. - neljas
  • 5. - viies
  • 6. - kuues
  • 7. - seitsmes
  • 8. - kaheksas
  • 9. - üheksas
  • 10. - kümnes
  • 11. - üheteistkümnes
  • 12. - kaheteistkümnes
  • 20. - kahekümnes
  • 21. - kahekümne esimene
  • 30. - kolmekümnes
  • 100. - sajas
  • 101. - saja esimene
  • 1000. - tuhandes
  • 1001. - tuhande esimene
  • Millionste - miljones
  • Million und erste - miljoni esimene
  • 2 Mill. - kahe miljones

das Jahr 1974 - tuhande üheksasaja seitsmekümne neljas aasta
( im Estnischen als "1974. Jahr" bezeichnet)

im Jahr 1974 - tuhande üheksasaja seitsmekümne neljandal aastal


Die Auseinander- und Getrenntschreibungen sind hier - wie man als
Leser vielleicht annehmen könnte - nicht willkürlich aufgeführt, sondern
entsprechen 100-%-ig der estnischen Rechtschreibung!



Uhrzeiten
  • Uhr - kell
  • Viertelstunde - veerand tundi
  • halbe Stunde - pool tundi
  • 1 Uhr - kell üks
  • 13 Uhr - kell kolmteist
  • halb 2 - pool kaks
  • viertel 2 (13.15Uhr) - veerand kaks
  • dreiviertel 2 (13.45 Uhr) - kolmveerand kaks
  • fünf nach 2 (14.05 Uhr) - kaks läbi viis minutit
  • zehn nach 2 (14.10 Uhr) - kaks läbi kümme minutit
  • fünf vor 3 (14.55 Uhr) - viie minuti pärast kolm
  • zehn vor 3 (14.50 Uhr) - kümne minuti pärast kolm



    • der Morgen - hommik
    • der Vormittag - ennelõuna
    • Mittag - lõuna
    • Nachmittag - pärastlõuna
    • Abend - õhtu
    • Nacht - öö






5. Teil: Personalpronomen (dekliniert)


Konjunktion des Infinitivs "sein" = olema / Nominativ / Gegenwart

ich bin - ma olen
du bist - sa oled
er ist - ta on
wir sind - me oleme
ihr seid - te olete
sie sind - nad on


Konjunktion des Infinitivs "sein" = olema / Nominativ / Vergangenheit

ich war - ma olin
du warst - sa olid
er war - ta oli
wir waren - me olime
ihr wart - te olite
sie waren - nad olid


___________________________________________________

Die Personalpronomen in den 4 deutschen Deklinationen


Nominativ:
  • ich - mina (kurz: ma)
  • du - sina (sa)
  • er/sie/es - tema (ta)
  • wir - meie (me)
  • ihr - teie (te)
  • sie - nemad (nad)

Genitiv:
  • mein - minu (kurz: mu)
  • dein - sinu (su)
  • sein/ihr - tema
  • unser - meie
  • euer - teie
  • ihrer - nende

Dativ:
  • mir - mulle
  • dir - sulle
  • ihm/ihr - temale, talle
  • uns - meile
  • euch - teile
  • ihnen - neile

Akkusativ:
  • mich - mind
  • dich - sind
  • ihn/sie - teda
  • uns - meid
  • euch - teid
  • sie - neid
___________________________________________________

Die Personalpronomen in den 14 estnischen Deklinationen
(isikulised asesõnad)


1. Fall - Nominativ (nimetav):

Frage: wer? - kes?
  • ich - mina (kurz: ma)
  • du - sina (sa)
  • er/sie/es - tema (ta)
  • wir - meie (me)
  • ihr - teie (te)
  • sie - nemad (nad)
Frage: was? - mis?
  • Buch - raamat


2. Fall - Genitiv (omastav):

Frage: wessen? - kelle?
  • mein - minu (mu)
  • dein - sinu (su)
  • sein/ihr - tema (ta)
  • unser - meie (me)
  • euer - teie (te)
  • ihrer - nende
Frage: wessen? - mille?
  • des Buches - raamatu


3. Fall - Partitiv (osastav):

Frage: wen? - keda?
  • mich - mind
  • dich - sind
  • ihn/sie - teda
  • uns - meid
  • euch - teid
  • sie - neid
Frage: was? - mida?
  • das Buch - raamatut


4. Fall - Illativ (sisseütlev):

Frage: in wen? - kellesse?
  • in mich - minusse (musse)
  • in dich - sinusse (susse)
  • in ihn/sie - temasse (tasse)
  • in uns - meisse
  • in euch - teisse
  • in sie - nendesse, neisse
Frage: in was? - millesse?
  • in das Buch - raamatusse
Frage: wohin? - kuhu?
  • in das Dorf - külasse (aber auch külla)


5. Fall - Inessiv (seesütlev):

Frage: in wem? - kelles?
  • in mir - minus (mus)
  • in dir - sinus (sus)
  • in ihm/ihr - temas (tas)
  • in uns - meis
  • in euch - teis
  • in ihnen - nendes, neis
Frage: worin? - milles?
  • im Buch - raamatus
Frage: wo? - kus?
  • im Dorf - külas


6. Fall - Elativ (seestütlev):

Frage: aus wem? - kellest?
  • aus mir - minust (must)
  • aus dir - sinust (sust)
  • aus ihm/ihr - temast (tast)
  • aus uns - meist
  • aus euch - teist
  • aus ihnen - nendest, neist
Frage: wovon? - millest?
  • aus dem Buch - raamatust
Frage: woher, woraus? - kust?
  • aus dem Dorf - külast


7. Fall - Allativ (alaleütlev):

Frage: für wen? - kellele?
  • für mich - minule (mulle)
  • für dich - sinule (sulle)
  • für ihn/sie - temale (talle)
  • für uns - meile
  • für euch - teile
  • für sie - nendele, neile
Frage: für was? - millele?
  • für das Buch - raamatule
Frage: wohin? - kuhu?
  • zum Konzert - kontserdile



8. Fall - Adessiv (alalütlev):

Frage: auf wem? - kellel?
  • auf mir - minul (mul)
  • auf dir - sinul (sul)
  • auf ihm/ihr - temal (tal)
  • auf/bei uns - meil
  • auf/bei euch - teil
  • auf ihnen - nendel, neil
Frage: worauf? - millel?
  • auf dem Buch - raamatul
Frage: wo? - kus?
  • auf dem Land - maal


9. Fall - Ablativ (alaltütlev):

Frage: von wem? - kellelt?
  • von mir - minult (mult)
  • von dir - sinult (sult)
  • von ihm/ihr - temalt (talt)
  • von uns - meilt
  • von euch - teilt
  • von ihnen - nendelt, neilt
Frage: wovon? - millelt?
  • vom Buch - raamatult
Frage: woher? - kust?
  • vom Land - maalt


10. Fall - Translativ (saav):

Frage: zu wem / zum (nicht örtlich!)? - kelleks?
  • zu mir - minuks (eher theoretische Grammatik)
  • zu dir - sinuks
  • zu ihm/ihr - temaks
  • zu ihnen - nendeks
Frage: zu was? - milleks?
  • zum Buch - raamatuks


11. Fall - Terminativ (rajav):

Frage: bis zu wem? - kelleni?
  • bis zu mir - minuni
  • bis zu dir - sinuni
  • bis zu ihm/ihr - temani
  • bis zu uns - meieni
  • bis zu euch - teieni
  • bis zu ihnen - nendeni
Frage: bis wohin? - milleni?
  • bis zum Buch - raamatuni


12. Fall - Essiv (olev):

Frage: als wer? - kellena?
  • minuna - "als ich" (im Estnischen sind im Essiv alle Konjunktion möglich,
  • zum Beispiel, wenn man sich nicht verkleidet, sondern "als ich" geht!)
  • als Arzt - arstina
Frage: als was? - millena?
  • als Buch - raamatuna


13. Fall - Abessiv (ilmaütlev):

Frage: ohne wen? - kelleta?
  • ohne mich - minuta
  • ohne dich - sinuta
  • ohne ihn/sie - temata
  • ohne uns - meieta
  • ohne euch - teieta
  • ohne sie - nendeta
Frage: ohne was? - milleta?
  • ohne Buch - raamatuta
  • ohne zu machen (oder ungemacht) - tegemata
  • ohne zu essen (oder ungegessen) - söömata


14. Fall - Abessiv (kaasaütlev):

Frage: mit wem? - kellega?
  • mit mir - minuga (Abk. "muga" nur umgangssprachl.)
  • mit dir - sinuga
  • mit ihm/ihr - temaga
  • mit uns - meiega
  • mit euch - teiega
  • mit ihnen - nendega
Frage: mit was? - millega?
  • mit Buch - raamatuga

6. Teil: Verben


Übersicht Thema Verben - Kapitel a) bis f) -


In der estnischen Sprache gibt es zwei Arten von Infinitiven:
  • a) das MA-Infinitiv (hier mit Konjunktionen)
  • b) das DA-Infinitiv
(Auflistung der wichtigsten Verben in beiden Formen ganz unten)

Ferner gibt es, am DA-Infinitiv angelehnt und deshalb gleich im
Anschluss unter c) und d) behandelt, die
  • c) Die Bildung der Vergangenheit (Partizip) aus dem Infinitiv
  • d) Umbisikuline kõneviis ("unpersönliche Sprechweise")
Genau wie die deutsche Sprache kennt die estnische natürlich auch
  • e) substantivierte Verben
und das
  • f) Konjunktiv (Möglichkeitsform)
________________________________________________________

a) Das MA-Infinitiv (gewöhnliches Infinitiv)

Das MA-Infinitiv ist als grundsätzliches Infinitiv zu verstehen, wie es dies
auch in der deutschen Sprache gibt.
Verben in diesem Infinitiv enden immer auf -ma.

Beispiel:
  • naerma (lachen) - ma pean naerma (ich muss lachen)
Wie auch in der deutschen Sprache kann nach einem konju-
gierten Verb ein Infinitiv folgen.


Bei der Konjunktion verschwindet diese Endung und wird
wie folgt ergänzt:

Beispiel (Gegenwart, regelmäßig): Denken - mõtlema
  • ich denke - ma mõtlen / -ma + n
  • du denkst - sa mõtled / -ma + d
  • er/sie/es denkt - ta mõtleb / -ma + b
  • wir denken - me mõtleme / -ma + me
  • ihr denkt - te mõtlete / -ma + te
  • sie denken - nad mõtlevad / -ma + vad


Einfache Vergangenheit


In der einfachen Vergangenheitsform wird bei regelmäßigen Verben vor der "-ma"-Endung ein "si" eingefügt, in der 3. Person nur ein "s", wobei die restliche Endung komplett verschwindet, in der 3. Person Plural verschwindet nur das "va".


Beispiel (Vergangenheit, regelmäßig): Denken - mõtlema

  • ich denke - ma mõtlesin /- ma + si + n
  • du denkst - sa mõtlesid / - ma + si + d
  • er/sie/es denkt - ta mõtles / - ma + s
  • wir denken - me mõtlesime / - ma + si + me
  • ihr denkt - te mõtlesite / - ma + si + te
  • sie denken - nad mõtlesid / - ma + si + d

Es gibt auch unregelmäßige Verben, erkennbar an einem Konsonant vor
der "-ma"-Endung im Infinitiv. Diese werden fast genauso wie regelmä-
ßige Verben konjugiert, allerdings wird ein Vokal eingefügt. Dieser Vokal
unterscheidet sich und muss bei jedem unregelmäßigen Verb auswendig
gelernt werden.

Beispiel (Gegenwart, unregelmäßig): Lachen - naerma
  • ich lache - ma naeran / -ma + a + n
  • du lachst - sa naerad / -ma + a + d
  • er/sie/es lacht - ta naerab / -ma + a + b
  • wir lachen - me naerame / -ma + a + me
  • ihr lacht - te naerate / -ma + a + te
  • sie lachen - nad naeravad / -ma + a + vad

In der Vergangenheitsform fällt wie immer die "-ma"-Endung
weg, "si" wird einfach nach dem Konsonant hinzugefügt.

Beispiel (Vergangenheit, unregelmäßig): Lachen - naerma
  • ich lache - ma naersin / -ma + si + n
  • du lachst - sa naersid / -ma + si + d
  • er/sie/es lacht - ta naeris / -ma + i + s
  • wir lachen - me naersime / -ma + si + me
  • ihr lacht - te naersite / -ma + si + te
  • sie lachen - nad naersid / -ma + si + d

Vollendete Gegenwart

Diese wird aus dem Wort "olema" (= sein) und dem Verb mit dem
Infinitivstamm + "nud" zusammengesetzt, also wie im Deutschen
beispielsweise "ich habe gefragt - ma olen küsinud".
Wie man aus einem Infinitiv ein Verb der Vergangenheit bildet, wird
im Kapitel c) weiter unten genauer erläutert.


Vollendete Vergangenheit

Wie zuvor bei der vollendeten Gegenwart setzt sie sich aus "olema"
und dem Verb + "nud" zusammen. Der Unterschied besteht - eben-
falls wie im Deutschen -, dass zusätzlich "olema" in die Vergangenheit
gebeugt wird: "Ich hatte gefragt - ma olin küsinud."


Nun gibt es noch die Negation von Verben, sie ist allerdings nicht sehr
schwierig: Beim Konjugieren fällt die Endung beim "-ma"-Infinitiv einfach
weg. Um die Negation auszudrücken, findet ein "ei" (= "nein", "nicht")
vor dem verbliebenen Wortstamm seinen Platz.
Das sieht dann so aus:
  • ich denke nicht - ma ei mõtle / -ma
  • du denkst nicht - sa ei mõtle / -ma
  • er/sie/es denkt nicht - ta ei mõtle / -ma
  • wir denken nicht - me ei mõtle / -ma
  • ihr denkt nicht - te ei mõtle / -m
  • sie denken nicht - nad ei mõtle / -m
Wie sich leicht erkennen lässt, ändert sich beim Konjugieren durch alle
Personen hinweg nichts.
Auch bei unregelmäßigen Verben wie "naerma" (= lachen) fällt die "-ma"-
Endung weg. Der zusätzliche Buchstabe wie im oberen Beispiel, den man
zum Konjugieren benötigt, wird jedoch noch hinzugefügt, also:
  • ich lache nicht - ma ei naera / -ma + a
  • du lachst nicht - sa ei naera / -ma + a
  • usw.

Die Verneinung der Verben in der Vergangenheit wird im Kapitel c) behandelt.



________________________________________________________

b) Das DA-Infinitiv

Dieses unterscheidet sich bei regelmäßigen Verben von gewöhnlichen
Infinitiven nur durch die Endung; hier wird aus der "-ma"-Endung
eine "-da"-Endung (daher der Name "DA-Infinitiv").

Beispiele:

  • istuma (sitzen) - istuda
  • kirjutama (schreiben) - kirjutada
  • õppima (lernen) - õppida
  • lugema (lesen) - lugeda
  • töötama (arbeiten) - töötada

Unregelmäßige DA-Infinitive müssen einzeln gelernt werden, da die
Endungen sehr unterschiedlich sein können, nämlich zusätzlich zum
"-da" noch "-ta" und "-a".
Außerdem können sich die Endbuchstaben L , N, P und R am
Infinitiv-Wortstamm beim DA-Infinitiv verdoppeln.
Ferner wird bei einigen Wörter der Wortstamm mittels "-ha" verän-
dert (z. B. tegema -> teha (machen) oder nägema -> näha (sehen))

Beispiele:

  • hakkama (beginnen) - hakata
  • vaatama (schauen) - vaadata
  • tulema (kommen) - tulla
  • gema (sehen) - näha
  • tlema (denken) - mõtelda (auch: mõelda)
  • pesema (waschen) - pesta
  • tegema (machen) - teha
  • käima (gehen) - käia
  • minema (gehen) - minna
  • sööma (essen) - süüa
  • tooma (holen) - tuua

Die DA-Infinitive findet am häufigsten hinter bestimmten Modalverben
(können, dürfen, möchten, mögen, fähig sein) Verwendung.

Beispiele (hier regelmäßige und unregelmäßige DA-Infinitive):
  • sa ei tohi laua peale istuda! (du darfst nicht auf dem Tisch sitzen!)
  • ma oskan lugeda eesti keelt (ich kann Estnisch lesen)
  • kas sa tahad õuna süüa? (möchtest Du einen Apfel essen?)
  • mulle meeldib linna minna (ich mag es, in die Stadt zu gehen)
  • praegu ma ei saa töötada (im Moment kann ich nicht arbeiten)

_________________________________________________________

c) Die Bildung der Vergangenheit (Partizip) aus dem Infinitiv

Das Partizip wird aus dem DA-Infinitiv gebildet. Dabei verschwindet die
Endung, in der Regel wird am verbleibenden Wortstamm "dud" oder "tud"
angehangen, bei Ausnahmen (s. Beispiel "tegema" und "saatma") gibt es
kleinere Abweichungen.

Beispiele:
  • denken -> mõtlema -> mõelda -> mõeldud (gedacht)
  • (auch: mõtlema -> mõtelda - > mõteldud)
  • erhalten -> saama -> saada -> saadud (erhalten)
  • machen -> tegema -> teha -> tehtud (gemacht)
  • wissen -> teadma -> teada -> teatud (gewusst)
  • annehmen -> arvama -> arvata -> arvatud (angenommen)
  • schicken -> saatma -> saata -> saadetud (geschickt)

Kleine Hilfen bei der Entscheidung zwischen "dud" und "tud":

+ tud = wird grundsätzlich und meistens an den Wortstamm des
...........Infinitivs angehangen, es sei denn, untenstehende Voraussetzungen
...........für ein "+dud" sind gegeben.

+ dud = Wortstamm des Infinitiv endet auf L, R oder N oder
............auf einem Doppelvokal (z. B. tooma, saama) oder
............auf zwei Vokale, die einsilbig gesprochen werden (z. B. võima).
............Dies sind jedoch nur grundsätzliche Regeln, die nicht immer ange-
............wandt werden können ("teatud" hat 2 einsilbig gesprochene Vokale,
............und bekommt trotzdem die Endung "tud").

Da sich diese Vergangenheitsformen nicht konjugieren lassen, werden
sie nur für die umbisikuline kõneviis, also für das unpersönliche Fürwort,
in der deutschen Sprache als "man" bekannt, verwendet.
Beispiel: Man hat nicht gedacht / es wurde nicht gedacht = ei mõteldud.


Um ein Verb negiert in der Vergangenheit konjugieren zu können, ver-
fährt man fast eben so wie eben, nur mit der Endung "nud".
Bei der Deklination gibt es - abgesehen natürlich vom Personalpronomen -
keine Unterscheidungen.

Beispiel (einfache Vergangenheit):
  • ich bekam nicht - ma ei saanud
  • du bekamst nicht - sa ei saanud
  • usw.

Beispiel (vollendete Gegenwart):
  • ich habe nicht bekommen - ma ei ole saanud
  • du hast nicht bekommen - sa ei ole saanud
  • usw.

Beispiel (vollendete Vergangenheit):
  • ich hatte nicht bekommen - ma ei olnud saanud
  • du hattest nicht bekommen - sa ei olnud saanud
  • usw.

________________________________________________________


d) umbisikuline kõneviis (
"unpersönliche Sprechweise")

Darunter ist das unpersönliche Fürwort, im Deutschen "man" gemeint.
Diese Verben werden in der estnischen Sprache nicht in der 3. Person
Singular konjugiert, sondern mit einem Zusatz ("-kse") am DA-Infinitiv
versehen.

Beispiel:
Aus dem Wort "essen" soll "man isst" werden!
Das Wort "essen" lautet auf Estnisch "sööma". Um "man isst" daraus zu
machen, muss man die Endung "-kse" am Ende hinzufügen, allerdings am
DA-Infinitv von "sööma". Wir erinnern uns anhand des obrigen Beispiels,
dass dieses Wort als DA-Infinitiv unregelmäßig ist und "süüa" lautet!
Also: Man isst -> essen -> sööma -> süüa + kse = süüakse = man isst

Weitere Beispiele:
  • man macht - tegema -> teha = tehakse
  • man denkt - mõtlema -> mõelda = mõeldakse
  • man liest - lugema -> lugeda = loetakse
  • man schläft - magama -> magada = magatakse
  • man lacht - naerma -> naerda = naerdakse
  • man sagt - ütlema -> öelda = öeldakse
  • man gibt - andma -> anda = antakse

Beispiel für das unpersönliche Fürwort in der Vergangenheit:
man aß -> essen -> sööma -> süüa + kse = süüakse = man aß

Weitere Beispiele:
  • man machte - tegema -> teha = tehti
  • man dachte - mõtlema -> mõelda = mõeldi
  • man las - lugema -> lugeda = loeti
  • man schlief - magama -> magada = magati
  • man lachte - naerma -> naerda = naerdi
  • man sagte - ütlema -> öelda = öeldi
  • man gab - andma -> anda = anti


Gleich im Anschluss unter e) erfahren sie, wie man das eben hier
Erlernte negiert.

Die Negation des unpersönlichen Fürwortes, im Deutschen "man", geht
aus dem DA-Infinitiv hervor.
Diese Verben werden in der estnischen Sprache nicht in der 3. Person
Singular konjugiert, sondern mit einem Zusatz ("ta") als Endung am
DA-Infinitiv versehen sowie einem vorangehenden "ei".

Beispiele:
  • man macht nicht - (tegema) -> teha = ei tehta
  • man denkt nicht - (mõtlema) -> mõelda = ei mõelda
  • man liest nicht - (lugema) -> lugeda = ei loeta
  • man schläft nicht - (magama) -> magada = ei magata
  • man lacht nicht - (naerma) -> naerda = ei naerda
  • man sagt nicht - (ütlema) -> öelda = ei öelda
  • man gibt nicht - (andma) -> anda = ei anta
  • man verkauft nicht - (müüma) -> müüa = ei müüda
  • man isst nicht - (sööma) -> süüa = ei sööda
  • man holt nicht - (tooma) -> tuua = ei tooda
Wichtig für die Aussprache: Alle Verben werden in 3. Dauer gesprochen!
Sprechen Sie beispielsweise "ei sööda" nur in der 2. Dauer, wird Ihr
Gegenüber verstehen, dass sie nicht füttern (was auch immer)!

Erinnerung: Die Vergangenheitsform hierzu war das 1. Beispiel im Kapitel c)


Interessanterweise kann man den 13. Fall (ilmaütlev), also die ta-Endung,
für die Negierung von Infinitiven benutzen. Die ta-Endung wird einfach
an das vollständige MA-Infinitiv gehangen.

Beispiele:
  • ohne zu machen bzw. ungemacht - (tegema) -> tegemata
  • ohne zu essen bzw. ungegessen - (sööma) -> söömata
  • ohne zu waschen bzw. ungewaschen - (pesema) -> pesemata

_______________________________________________________

e) substantivierte Verben

Ein substantiviertes Verb hat statt der "-ma"-Endung eine "-mine"-Endung.
Dabei gibt es keine Ausnahmen, die Regel ist eindeutig und gilt für alle
Verben gleichermaßen!

Beispiele:
  • machen - tegema -> das Machen - tegemine
  • denken - mõtlema -> das Denken - mõtlemine
  • essen - sööma -> das Essen - söömine
  • gehen - minema -> das Gehen - minemine

_______________________________________________________

f) Konjunktiv (Möglichkeitsform)

Die Bildung des Konjunktivs in der Gegenwart ist recht einfach: An
den Wortstamm des MA-Infinitivs wird die Endung "-vat" gehangen.

Beispiele:
  • machen - tegema -> (er) mache (Konj.I) - tegevat
  • denken - mõtlema -> (er) dächte - mõtlevat
  • essen - sööma -> (er) äße - söövat
  • gehen - minema -> (er) gehe - minevat
Noch einfacher wird es durch die Tatsache, dass diese Konjunktionen
nicht konjugiert werden müssen, was bedeutet, dass es egal ist, ob
"ich äße", "wir äßen" oder "ihr äßet": Im Estnischen bleibt es "söövat"

Die Bildung des Konjunktivs in der Vergangenheit ist nicht schwieriger
als in der Gegenwart: An den Wortstamm des MA-Infinitivs wird die
Endung "-nud" gehangen, also genau wie in der "normalen" Vergangen-
heit mit dem Unterschied, dass das Verb als Konjunktiv allein steht.


Beispiel:

Es scheint, als hätte der Bewohner die Uhr auf dem Straßenboden
gefunden
.
Tundub, et enamik leidnud kella teelt maast.

(Das Konjunktiv wird hier also ohne das Wort "hätte" gebildet;
das Verb steht hier
allein in der Vergangenheit!
Wer sich nun fragt, wie man die Vergangenheit vom Konjunktiv unterscheiden soll,
der werde an dieser Stelle erinnert, dass nur die einfache Vergangenheit verwendet
wird, in diesem Fall also:
"Enamik leidis kella teelt maast. - Der Bewohner fand die Uhr..." bzw. in der
negativen Vergangenheit:
"Enamik ei leidnud kella teelt maast. - Der Bewohner hat die Uhr nicht... gefunden."
"leidnud" ohne "ei" kann also nur ein Konjunktiv sein!)



Es gibt auch die Möglichkeit, "hätte" zu benutzen:
"Sie sagt, er hätte es gemacht." - "Ta ütleb, et ta oleks teinud."
_______________________________________________________

Zum Schluss hinzugefügt...

Im Estnischen gibt es die Möglichkeit, mit nur einem Wort die Zeit
während einer Tätigkeit zu beschreiben. Dabei wird die Endung "es"
am Grundstamm des DA-Infinitivs angehangen bzw. der Grundstamm
wird entsprechend verändert.

Beispiele:
  • beim Essen - (sööma) -> süüa -> süües
  • beim Machen - (tegema) -> teha -> tehes
  • beim Gehen - (käima) -> käia -> käies
  • beim Arbeiten (töötama) -> töötada -> töötades

_______________________________________________________
Auflistung der wichtigsten Verben im MA- und DA-Infinitiv
(Liste wird ständig erweitert)

ändern - muutma /muuta
anhalten - peatama/-da
ankommen - saabuma /-da
aufwachen - ärkama /ärgata

backen - küpsetama/-da
beenden - lõpetama/-da
beginnen - hakkama /hakata
beginnen - algama /alata
beginnen - alustama /-da
bekommen - saama /-da
benennen - nimetama /-da
benutzen - kasutama /-da
berühren - puudutama /-da
bewachen - valvama /valvata
bezahlen - maksma /maksta
bitten - paluma /-da
bleiben - jääma /-da
blühen - õitsema /-da
bringen - viima /viia

danken - tänama /-da
dauern - püsima /-da
dürfen - tohtima /-da

eislaufen - uisutama /uisutada
entsinnen - meenuma /-da
erholen - puhkama /puhata
erinnern - mäletama /-da
erinnern (jmd. anderen) - meenutama /-da
erklären - seletama /-da
essen - sööma /süüa

färben - värvima /-da
fahren - sõitma /sõita
finden - leidma /leida
fliegen - lendama /lennata
fliegen (lassen) - lennutama /-da
fragen - küsima /-da
fühlen - tundma /tunda
fürchten - kartma /karta

geben - andma /anda
gefallen - meeldima /-da
gehen - minema /minna
glänzen - läikima /-da

halten - hoidma /hoida
hören - kuulma /-da
hören (zu-/an-) - kuulama /kuulata
hoffen - lootma /loota
holen - tooma /tuua

kaufen - ostma /osta
kennen - tundma /tunda
kochen - keetma /keeta
können (gelernt) - oskama /osata
kommen - tulema /tulla

laufen - jooksma /joosta
lernen - õppima /-da
lesen - lugema /-da
liegen - lebama /lebada

machen - tegema /teha
malen (zeichnen) - joonistama /-da
müssen - pidama /-da

nähen - õmblema /õmmelda
nehman - võtma /võtta

plätschern - vulisema /-da

quaken - krooksuma / -da

rechnen - arvutama /-da
rollen - veerema /-da

sagen - ütlema /ütelda (auch: öelda)
schälen - koorima /-da
schauen - vaatama /vaadata
scheinen (Sonne) - paistma /paista
schlafen - magama /-da
schlagen - lööma /lüüa
schlagen (umg.) - koksama /koksata
schlagen (Tür) - taguma /-da
schließen - sulgema /-da
schlittenfahren - kelgutama /-da
schneiden - lõikama /lõikata
schreiben - kirjutama /-da
schwimmen - ujuma /-da
sehen - nägema /näha
sein - olema /olla
senden - saatma /saata
singen - laulma /-da
sitzen - istuma /-istuda
spazieren - jalutama /-da
spielen - mängima /-da
stehen - seisma /seista
steigen - tõusma /tõusta
stellen - panema /panna
streicheln - paitama /-da
streiten - vaidlema /vaielda
suchen - otsima /-da

telefonieren - helistama /-da
ticken - tiksuma /-da
träumen - unistama /-da
trinken - jooma /juua

veranstalten - korraldama /-da
vergessen - unustama /-da
verkaufen - müüma /müüa
vermuten - arvama /arvata
vertrauen - uskuma /-da

warten - ootama /oodata
waschen - pesema /pesta
werfen - viskama /visata
wickeln - mähkima /-da
wissen - teadma /teada
wollen - tahtma /tahta
wünschen - soovima /-da

zeigen - näitama /näidata
zufügen - lisama /lisada